Veröffentlicht am 24. Januar 2024 von Jan Kammerer
Stefan Butz von Progressives Bad Kreuznach ruft zu einer Demonstration gegen Rechts auf. Am 30.01.2024 um 17:00 Uhr soll auf dem Kornmarkt eine Kundgebung stattfinden. Die CDU samt ihrer Landrätin hat damit ein Problem. Und die Allgemeine Zeitung mit dem Umgang damit. Doch zuvorderst ein Aufruf: Es ist gut, dass es diese Demo gibt – bitte kommt zahlreich!
Seit der Enthüllung durch Correctiv zu den Plänen der AFD und ihr nahestehender Gruppierungen ist die deutsche Zivilgesellschaft in Bewegung. Große Demonstrationen finden und fanden bundesweit statt. Es ist begrüßenswert, dass nun auch Bad Kreuznach ein Zeichen setzen will und wird. Doch am Montag berichtet die Allgemeine Zeitung:
Ärger um angekündigte „Demo gegen Rechts“ in Bad Kreuznach
Allgemeine Zeitung vom 22.01.2024
Der leider hinter der Bezahlschranke liegende Artikel erklärt nun zunächst, dass CDU-Mitglieder:innen die Formulierung „gegen Rechts“ störend empfinden, denn sie könnten als rechts der Mitte betrachtet werden. Interessanterweise wird Frau Klöckner dazu wie folgt zitiert:
„Wenn sie die CDU als die Mitte sehen, kann ich damit gut leben. Aber wenn sie uns rechts der Mitte und SPD und Grüne links zur Mitte sehen – dann ist es schwierig zu verstehen, wie man pauschal gegen Rechts demonstrieren kann.“
Julia Klöckner, zitiert in Allgemeine Zeitung vom 22.01.2024
Die eigene Einordnung scheint ihr dabei schwerzufallen – wie vermutlich so manchem Beobachter. Denn ein irrlichternder Parteichef versucht stets auch soweit am rechten Rand zu fischen, dass es bereits trüb wird. Dabei ist die CDU auch gar nicht alleine mit diesem Problem. Momentan zeigt sich die Politik und Medienlandschaft doch eher so: Die AFD setzt Themen und alle rennen diesen hinterher. Die Bürger sehen die Demokratie bedroht durch eine Partei, die den Staat in seiner jetzigen Form ablehnt. Doch die Politik will die AFD inhaltlich stellen. Wann denn? Wenn inhaltliches Stellen bedeutet, dass man die Themen aufgreift und mit Aktionismus die Rechte von Schwachen und Schutzbedürftigen beschneidet, dann ist das mit Sicherheit nicht der richtige Weg. Vor allem aber verliert man damit wesentliche politische Betäigungsfelder aus dem Blick. Der AFD und ihren Wählern kann man es so ohnehin nicht recht machen.
Dennoch wird der Versuch immer wieder unternommen. So ist dann auch Landrätin Dickes im Artikel zitiert:
„Wir kriegen die AfD nicht mit Demos klein, wir erreichen damit das Gegenteil.“
Landrätin Bettina Dickes, zitiert in Allgemeine Zeitungg vom 22.01.2024
Nicht demonstrieren? Ist das der Ernst unserer Landrätin? Den Bürger:innen zuhören? Ich hoffe, dass am Dienstag ausreichend Bürger:innen auf der Straße sein werden und Frau Dickes sich noch einmal überlegt, ob es die richtige Taktik ist immer nur denen zuhören zu wollen, die besonders laut krakeelen. Denn von einer gesitteten Demo ist nach den Erfahrungen aus anderen Städten auszugehen. Ich halte die Veranstaltung auch keineswegs für eine Anti-CDU-Demonstration. Die CDU möchte doch auch nicht die Demokratie abschaffen – und um die Verteidigung unserer Demokratie geht es doch bei dieser Demo (siehe auch den Flyer). Eine Demonstration ist gelebte Demokratie.
Die SPD-Abgeordneten Michael Simon und Dr. Joe Weingarten haben die Kritik von Klöckner übrigens einen Tag später klar kritisiert. Und werden morgen dann in der Zeitung wiederrum von Klöckner kritisiert. Klöckner meint, dass die AFD lacht. Ja, wenn dieses Theater dazu beiträgt, dass Menschen dem Kornmarkt fernbleiben, dann lacht die AFD mit Sicherheit.
Und daher zum Schluss noch zur Allgemeinen Zeitung: Viel Raum unter einer kritischen Überschrift wird der CDU-Position eingeräumt. Was ich nicht entdecken konnte: eine Meinungsäußerung aus der Redaktion. Warum nicht? So drängt sich der Eindruck auf, dass man vor allem im Negativen auf die Demo aufmerksam machen wollte. Nur um den Effekt mitzunehmen? Schließlich wird im Artikel auch Grünenpolitikerin Misbah Khan zitiert, die Frau Klöckners Ausführungen gut einordnet:
„Frau Klöckner versucht ein Narrativ zu setzen, dass die Menschen verunsichern und demobilisieren soll“
Misbah Khan, zitiert in Allgemeine Zeitung vom 22.01.2024
Leider hat der Artikel genau diesem Narrativ Vorschub geleistet.
Robert Neuber ist leidenschaftlicher Radfahrer. Das bedeutet nicht, dass er alles durch eine Radfahrerbrille sehen muss. Unverständlich ist aber, dass er das Gegenteil tut. Seine Beiträge zeigen eine markante Nähe zum Auto oder wie in der heutigen Ausgabe des Öffentlichen Anzeigers: Eine starke Abneigung zu gleichberechtigter Infrastruktur für den Radverkehr.
Garniert wird dies dann noch mit vermeintlichen Fakten: Im heutigen Artikel wird die eigene Auffassung durch eigene Beobachtungen mit eigenen Rückschlüssen zu einem in sich geschlossenen System. Dazu habe ich folgenden Leserbrief geschrieben:
Die Vollsperrung aufgrund der Baustelle in der Nord-Süd-Trasse hat am Montag gerade voll zugeschlagen – da beehrt uns Robert Neuber wieder mit seiner persönlichen Auffassung zum Bad Kreuznacher Verkehr. Denn mehr als seine Meinung, die er auf einen Artikel sowie einen Kommentar aufteilt, ist dem ganzen nicht zu entnehmen.
Die genommene Stichprobe wird prominent platziert – nur ist sie beliebig, unzusammenhängend und quantitativ derartig klein, dass es sich daraus Rückschlüsse verbieten. Doch diese präsentiert uns Herr Neuber einige. Allein die Überschriften suggerieren, dass alle „Kreuznacher Radwege wenig frequentiert“ seien – und die Erklärung: „Kreuznacher Radweg-Unsinn“.
Eine qualitative Auseinandersetzung mit den Radwegen entlang der Bosenheimer Straße wäre sicherlich eine lohnende Sache. Doch darum geht es im Artikel nicht. Vielmehr suggeriert er, dass der „leere Asphalt für Radler“ mit dem Stau des Autoverkehrs in Zusammenhang steht. Doch wieso sollte das so sein? Die Bosenheimer Straße war vor ihrer Neugestaltung zweistreifig und ist es nach wie vor. Im als Kommentar gekennzeichneten Teil wird Herr Neuber noch deutlicher: „Schwerer Schaden“ wurde dem Verkehrsfluss zugefügt. Können wir es vielleicht noch polemischer formulieren?
Radverkehr wurde in den vergangenen Jahren selbstverständlich gesteigert, auch in Bad Kreuznach. Einen Anhaltspunkt bietet beispielsweise das Stadtradeln anhand der stetig steigenden Kilometerleistung. Die Bosenheimer Straße wird dabei ebenfalls regelmäßig von Radfahrenden genutzt. Für eine belastbare Erhebung müsste man allerdings mehr Zeit investieren als Herr Neuber dies getan hat.
Schaden hat an dieser Stelle nur einer angerichtet: Herr Neuber schadet seinem Ansehen, dem Ansehen der Zeitung für die er solche Machwerke verfasst und natürlich seinem Berufsstand.
Der Artikel des Öffentlichen Anzeigers findet sich hier leider hinter der Bezahlschranke. Mit einem Artikel von Herrn Neuber habe ich mich hier schon einmal befasst. Radverkehr auf der Bosenheimer Straße kann man im Übrigen in der Heatmap entdecken.
PS. Leider habe ich für die Heatmap immer noch keine neuen Daten finden können, da diese nun scheinbar nicht mehr zur freien Verfügung stehen.
Der Löwensteg ist wichtiger Bestandteil der Nord-Süd-Verbindung für den Rad- und Fußverkehr. Ein Provisorium, das zu einem unverzichtbaren Infrastrukturbestandteil wurde. Alles rund um den Löwensteg interessierte mich schon immer, da ich dort regelmäßig entlangkomme. Ich wollte daher schon länger über diesen Weg schreiben. Insofern verfolgte ich mit Interesse die aktuelle Debatte rund um die von Herrn Schlosser begleitete Kontrolle des Ordnungsamtes dort.
Schon die Pressemitteilung der Stadt erzeugte mit ihrer Knappheit – es gibt nicht einen einzigen Hinweis auf das erlaubte und erwünschte Verhalten der Verkehrsteilnehmenden – und den pauschalen Ortsangaben (Löwensteg, historische Neustadt) einigen Verdruss bei mir. Endgültig fuchsig machte mich dann der Leserbrief des Herrn Gereon Rogoß, der in der Allgemeinen Zeitung beschrieb, dass selbst schiebendes Passieren des Löwensteges bei zu frühem Aufsteigen nicht mit einer Ermahnung oder Erklärung, sondern direkt mit 55 Euro Ordnungsgeld geahndet wurde. Womit wir direkt bei einer Thematik wären, die uns doch sehr bekannt vorkommt. Vergangenes Jahr hatte ich mich hinsichtlich der Verwarnungspraxis schon einmal mit Herrn Schlosser auseinandergesetzt: https://rad-kreuznach.de/jahresende-und-ein-nachtrag/
Ich musste also in die Tasten greifen und schrieb zunächst an Frau Gemperlein, die die Meldung verfasst hatte. Diese hat mir inzwischen mitgeteilt, dass die Meldung in dieser Form von Herrn Schlosser so gewünscht war und hat meine Anfrage weitergeleitet:
Ihre Pressemitteilung vom 13.09.2023: “Kontrolltag des Vollzugs: Fahrradfahrer und E-Scooter-Fahrer kontrolliert”
Sehr geehrte Frau Gemperlein,
die Pressemitteilung zu den Kontrollen des Vollzugsdienstes hinsichtlich des Verhaltens von Radfahrenden sowie Scooternutzer:innen wirft bei mir einige Fragen auf, die die Mitteilung leider nicht beantwortet. Nun kommt ein aktueller Leserbrief in der Allgemeinen Zeitung vom heutigen Tage hinzu, in der Herr Gereon Rogoß schildert, wie bspw. am Löwensteg kontrolliert wurde.
Ich möchte vorwegschicken, dass es mir ein Anliegen ist den Schutz und das korrekte Verhalten aller Verkehrsteilnehmer zu fördern. Während ich die konkrete Kontrolle nicht beurteilen kann, ist doch aber die dazugehörige Pressemitteilung leider gänzlich ungeeignet Klarheit bei den Verkehrsteilnehmenden zu schaffen. Ich würde Sie daher ersuchen, folgende Sachverhalte aufklären zu können:
Kontrollschwerpunkt Löwensteg
Die Situation hier ist einigermaßen komplex. Es wäre sinnvoll herauszustellen, welches Verhalten von Radfahrenden hier gewünscht ist.
Aus Fahrtrichtung oberer Mannheimer Straße kommend, erreicht man eine Ampel, die mit einem kombinierten Signal für Fuß- und Radverkehr ausgestattet ist. Das suggeriert, dass es sich hier um eine Fortsetzung des Radweges handelt. Rechtlich würde ich vermuten, dass die Erlaubnis hier Rad zu fahren am gegenüberliegenden Bordstein endet, da dort ein Gehweg beginnt, der keiner Kennzeichnung bedarf. Daher wurden wohl auch die Verkehrszeichen 239, die ursprünglich am Beginn des Löwenstegs hingen, entfernt. Damit bleibt die Situation aber unübersichtlich, da das abrupte Ende des Radweges an keiner Stelle explizit gekennzeichnet ist und diese Querung der Bahngleise nach wie vor die wichtigste Nord-Süd-Achse des Fuß- und Radverkehrs darstellt.
Auf der nördlichen Seite des Löwenstegs ist die Situation nicht minder vertrackt: Ist die Rampe befahrbar? Rechtlich wohl nein, da nicht als solche ausgewiesen und als Verlängerung des Gehweges der Bahnstraße zu erachten. Auch hier – keine Klarstellung dieser Situation, wohl aber die Hinweisschilder zum Verlauf des Radtrasse (ohne rechtliche Bindung).
Für Radfahrende, die aus Süden kommen und dieser Beschilderung nun folgen – und nehmen wir an, all diese Besonderheiten erkannt haben und sich korrekt verhalten haben – lauert nun auf den ersten Metern der Bahnstraße die nächste Hürde: Die Bahnstraße ist inzwischen auf ihrer kompletten Länge für den Radverkehr auch gegen die eigentliche Einbahnstraßenrichtung freigegeben. Nur leider weist das erste Zeichen 220 nicht den Hinweis auf, dass gegenläufiger Radverkehr freigegeben ist. Darf dann am Ende der Rampe überhaupt aufs Rad gestiegen werden, wenn man der Mannheimer Straße weiter folgen möchte?
Kontrollschwerpunkt Fußgängerzone mit der historischen Neustadt
Ist nicht die gesamte Fußgängerzone der historischen Neustadt für den Radverkehr freigegeben? Hier haben wir den weiteren Verlauf der Nord-Süd-Achse.
Was wurde hier konkret kontrolliert?
Welches Verhalten von Radfahrenden oder anderen Verkehrsteilnehmenden wurde sanktioniert?
Ich hatte sowohl den Beigeordneten Schlosser als zuständigen Ordnungsdezernenten sowie auch Herrn Oberbürgermeister Letz bereits darauf hingewiesen, dass unklare Regelungen dazu führen, dass Fehlverhalten vorkommt. Diesem nun mit dem Hammer Ordnungswidrigkeit allein zu begegnen, fördert leider die Radfahrkultur in keiner Weise. Die Pressemitteilung ist eher dazu geeignet die gegenseitigen Ressentiments aller Verkehrsteilnehmender zu befördern. Ich würde mir daher dringend neben einer Beantwortung meiner Fragen eine Kommunikationsstrategie mit positiven Darstellungen von erlaubtem und erwünschen Verhalten erhoffen, damit wir auch in Bad Kreuznach die Verkehrswende unterstützen können.
Zu guter Letzt: Auf dem Teilstück der Bosenheimer Straße zwischen „Fleischhauer-Kreisel“ und Ochsenbrücke lässt sich nach wie vor da beste Lehrstück hinsichtlich der Radverkehrsplanung in Bad Kreuznach finden: Nach dem Kreisel werden Radfahrer via Piktogramm zum Befahren des Gehweges aufgefordert, der auch reichlich rote Farbe aufweist. Aber – wie wir aus vergangenen Vorkommnissen wissen – rote Farbe macht keinen Radweg. Die Benutzung des Gehweges ist nicht durch Beschilderung freigegeben. Die Benutzung kostet also mindestens 55 Euro.
Kontrollen sind gut und wichtig. Bitte begleiten Sie diese durch gute Berichterstattung, die alle Beteiligten helfen kann, sich besser zu verhalten. Und bitte setzen Sie an Stellen an denen Unklarheiten herrschen können auf kostenfreie Belehrungen und vor allem darauf diese Unklarheiten baldmöglichst in gut verständliche Verkehrssituationen zu übersetzen.
E-Mail an Frau Gemperlein vom 25.09.2023
Ich wollte nun in aller Ruhe auf eine Antwort zu den aufgeworfenen Fragen warten. Doch heute wurde just dieses Thema im Kreuznacher Schwätzchen mit der sehr zutreffenden Überschrift „Die 55-Euro-Radfahrerfalle“ thematisiert. Denn in der Einwohnerfragestunde hatte sich unter anderem Frau Sabine Friedrich als Betroffene der „Falle“ eine eindeutigere Beschilderung gewünscht. Und der geschätzte Herr Schlosser erklärt, dass man dort kein Schild „Radfahrer absteigen“ habe, da man sonst jeden Gehweg entsprechend beschuldern müsse. Und die absurde Situation um den Löwensteg hat er aber auch erkannt:
„Das Schild Fahrradweg heißt nicht, dass man mit dem Fahrrad drüber fahren darf, sondern nur, dass da der Radweg entlangläuft.“
Markus Schlosser, zitiert in der RZ vom 30.09.2023
Selbstverständlich kann man erwarten, dass sich jede:r Radfahrende zunächst eingehend mit der Verkehrssituation beschäftigt. Oder könnte es sein, dass man versucht die Situation zu erfassen und sich bestmöglich zu verhalten? Wie in meinem Schreiben an Frau Gemperlein dargelegt mangelt es nicht an unklaren Situationen, in denen genau das gefragt ist: Was war hier die Regelungsabsicht und wie verhalte ich mich korrekt? Wenigstens sah der Oberbürgermeister Regelunsgebedarf, um eine eindeutige Situation herzustellen. Da dürfte er meiner Einschätzung nach auch richtig liegen. Denn insbesondere Radfahrende, die vom Radweg in der oberen Mannheimer Straße kamen sollten gute Chancen haben eine Verwarnung anzufechten. Die Signalanlage ist für Fußgänger:innen und Radfahrende gleichermaßen gültig. Das, in Verbindung mit der nicht vorhandenen Beschilderung, suggeriert doch auch optisch, dass nicht nur der Radweg hier verläuft, sondern es auch verkehrsrechtlich ein solcher ist.