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Fahrradfrust am Löwensteg

Der Löwensteg ist wichtiger Bestandteil der Nord-Süd-Verbindung für den Rad- und Fußverkehr. Ein Provisorium, das zu einem unverzichtbaren Infrastrukturbestandteil wurde. Alles rund um den Löwensteg interessierte mich schon immer, da ich dort regelmäßig entlangkomme. Ich wollte daher schon länger über diesen Weg schreiben. Insofern verfolgte ich mit Interesse die aktuelle Debatte rund um die von Herrn Schlosser begleitete Kontrolle des Ordnungsamtes dort.

Schon die Pressemitteilung der Stadt erzeugte mit ihrer Knappheit – es gibt nicht einen einzigen Hinweis auf das erlaubte und erwünschte Verhalten der Verkehrsteilnehmenden – und den pauschalen Ortsangaben (Löwensteg, historische Neustadt) einigen Verdruss bei mir. Endgültig fuchsig machte mich dann der Leserbrief des Herrn Gereon Rogoß, der in der Allgemeinen Zeitung beschrieb, dass selbst schiebendes Passieren des Löwensteges bei zu frühem Aufsteigen nicht mit einer Ermahnung oder Erklärung, sondern direkt mit 55 Euro Ordnungsgeld geahndet wurde. Womit wir direkt bei einer Thematik wären, die uns doch sehr bekannt vorkommt. Vergangenes Jahr hatte ich mich hinsichtlich der Verwarnungspraxis schon einmal mit Herrn Schlosser auseinandergesetzt: https://rad-kreuznach.de/jahresende-und-ein-nachtrag/

Ich musste also in die Tasten greifen und schrieb zunächst an Frau Gemperlein, die die Meldung verfasst hatte. Diese hat mir inzwischen mitgeteilt, dass die Meldung in dieser Form von Herrn Schlosser so gewünscht war und hat meine Anfrage weitergeleitet:

Ihre Pressemitteilung vom 13.09.2023: “Kontrolltag des Vollzugs: Fahrradfahrer und E-Scooter-Fahrer kontrolliert”

Sehr geehrte Frau Gemperlein,

die Pressemitteilung zu den Kontrollen des Vollzugsdienstes hinsichtlich des Verhaltens von Radfahrenden sowie Scooternutzer:innen wirft bei mir einige Fragen auf, die die Mitteilung leider nicht beantwortet. Nun kommt ein aktueller Leserbrief in der Allgemeinen Zeitung vom heutigen Tage hinzu, in der Herr Gereon Rogoß schildert, wie bspw. am Löwensteg kontrolliert wurde.

Ich möchte vorwegschicken, dass es mir ein Anliegen ist den Schutz und das korrekte Verhalten aller Verkehrsteilnehmer zu fördern. Während ich die konkrete Kontrolle nicht beurteilen kann, ist doch aber die dazugehörige Pressemitteilung leider gänzlich ungeeignet Klarheit bei den Verkehrsteilnehmenden zu schaffen. Ich würde Sie daher ersuchen, folgende Sachverhalte aufklären zu können:

Kontrollschwerpunkt Löwensteg

Die Situation hier ist einigermaßen komplex. Es wäre sinnvoll herauszustellen, welches Verhalten von Radfahrenden hier gewünscht ist.

  • Aus Fahrtrichtung oberer Mannheimer Straße kommend, erreicht man eine Ampel, die mit einem kombinierten Signal für Fuß- und Radverkehr ausgestattet ist. Das suggeriert, dass es sich hier um eine Fortsetzung des Radweges handelt. Rechtlich würde ich vermuten, dass die Erlaubnis hier Rad zu fahren am gegenüberliegenden Bordstein endet, da dort ein Gehweg beginnt, der keiner Kennzeichnung bedarf. Daher wurden wohl auch die Verkehrszeichen 239, die ursprünglich am Beginn des Löwenstegs hingen, entfernt. Damit bleibt die Situation aber unübersichtlich, da das abrupte Ende des Radweges an keiner Stelle explizit gekennzeichnet ist und diese Querung der Bahngleise nach wie vor die wichtigste Nord-Süd-Achse des Fuß- und Radverkehrs darstellt.
  • Auf der nördlichen Seite des Löwenstegs ist die Situation nicht minder vertrackt: Ist die Rampe befahrbar? Rechtlich wohl nein, da nicht als solche ausgewiesen und als Verlängerung des Gehweges der Bahnstraße zu erachten. Auch hier – keine Klarstellung dieser Situation, wohl aber die Hinweisschilder zum Verlauf des Radtrasse (ohne rechtliche Bindung).
  • Für Radfahrende, die aus Süden kommen und dieser Beschilderung nun folgen – und nehmen wir an, all diese Besonderheiten erkannt haben und sich korrekt verhalten haben – lauert nun auf den ersten Metern der Bahnstraße die nächste Hürde: Die Bahnstraße ist inzwischen auf ihrer kompletten Länge für den Radverkehr auch gegen die eigentliche Einbahnstraßenrichtung freigegeben. Nur leider weist das erste Zeichen 220 nicht den Hinweis auf, dass gegenläufiger Radverkehr freigegeben ist. Darf dann am Ende der Rampe überhaupt aufs Rad gestiegen werden, wenn man der Mannheimer Straße weiter folgen möchte?

Kontrollschwerpunkt Fußgängerzone mit der historischen Neustadt

Ist nicht die gesamte Fußgängerzone der historischen Neustadt für den Radverkehr freigegeben? Hier haben wir den weiteren Verlauf der Nord-Süd-Achse.

  • Was wurde hier konkret kontrolliert?
  • Welches Verhalten von Radfahrenden oder anderen Verkehrsteilnehmenden wurde sanktioniert?

Ich hatte sowohl den Beigeordneten Schlosser als zuständigen Ordnungsdezernenten sowie auch Herrn Oberbürgermeister Letz bereits darauf hingewiesen, dass unklare Regelungen dazu führen, dass Fehlverhalten vorkommt. Diesem nun mit dem Hammer Ordnungswidrigkeit allein zu begegnen, fördert leider die Radfahrkultur in keiner Weise. Die Pressemitteilung ist eher dazu geeignet die gegenseitigen Ressentiments aller Verkehrsteilnehmender zu befördern. Ich würde mir daher dringend neben einer Beantwortung meiner Fragen eine Kommunikationsstrategie mit positiven Darstellungen von erlaubtem und erwünschen Verhalten erhoffen, damit wir auch in Bad Kreuznach die Verkehrswende unterstützen können.

Zu guter Letzt: Auf dem Teilstück der Bosenheimer Straße zwischen „Fleischhauer-Kreisel“ und Ochsenbrücke lässt sich nach wie vor da beste Lehrstück hinsichtlich der Radverkehrsplanung in Bad Kreuznach finden: Nach dem Kreisel werden Radfahrer via Piktogramm zum Befahren des Gehweges aufgefordert, der auch reichlich rote Farbe aufweist. Aber – wie wir aus vergangenen Vorkommnissen wissen – rote Farbe macht keinen Radweg. Die Benutzung des Gehweges ist nicht durch Beschilderung freigegeben. Die Benutzung kostet also mindestens 55 Euro.

Kontrollen sind gut und wichtig. Bitte begleiten Sie diese durch gute Berichterstattung, die alle Beteiligten helfen kann, sich besser zu verhalten. Und bitte setzen Sie an Stellen an denen Unklarheiten herrschen können auf kostenfreie Belehrungen und vor allem darauf diese Unklarheiten baldmöglichst in gut verständliche Verkehrssituationen zu übersetzen.

E-Mail an Frau Gemperlein vom 25.09.2023

Ich wollte nun in aller Ruhe auf eine Antwort zu den aufgeworfenen Fragen warten. Doch heute wurde just dieses Thema im Kreuznacher Schwätzchen mit der sehr zutreffenden Überschrift „Die 55-Euro-Radfahrerfalle“ thematisiert. Denn in der Einwohnerfragestunde hatte sich unter anderem Frau Sabine Friedrich als Betroffene der „Falle“ eine eindeutigere Beschilderung gewünscht. Und der geschätzte Herr Schlosser erklärt, dass man dort kein Schild „Radfahrer absteigen“ habe, da man sonst jeden Gehweg entsprechend beschuldern müsse. Und die absurde Situation um den Löwensteg hat er aber auch erkannt:

„Das Schild Fahrradweg heißt nicht, dass man mit dem Fahrrad drüber fahren darf, sondern nur, dass da der Radweg entlangläuft.“

Markus Schlosser, zitiert in der RZ vom 30.09.2023

Selbstverständlich kann man erwarten, dass sich jede:r Radfahrende zunächst eingehend mit der Verkehrssituation beschäftigt. Oder könnte es sein, dass man versucht die Situation zu erfassen und sich bestmöglich zu verhalten? Wie in meinem Schreiben an Frau Gemperlein dargelegt mangelt es nicht an unklaren Situationen, in denen genau das gefragt ist: Was war hier die Regelungsabsicht und wie verhalte ich mich korrekt? Wenigstens sah der Oberbürgermeister Regelunsgebedarf, um eine eindeutige Situation herzustellen. Da dürfte er meiner Einschätzung nach auch richtig liegen. Denn insbesondere Radfahrende, die vom Radweg in der oberen Mannheimer Straße kamen sollten gute Chancen haben eine Verwarnung anzufechten. Die Signalanlage ist für Fußgänger:innen und Radfahrende gleichermaßen gültig. Das, in Verbindung mit der nicht vorhandenen Beschilderung, suggeriert doch auch optisch, dass nicht nur der Radweg hier verläuft, sondern es auch verkehrsrechtlich ein solcher ist.

Veröffentlicht in Allgemein Korrekt? Schwachstellen

2 Kommentare

    • Jan Jan

      Vielen Dank für den Hinweis. Ich habe es mir gerade angehört und es ist natürlich einigermaßen frustrierend – wenngleich das Statement von Herrn Letz für mich sehr vernünftig klingt und Hoffnung nährt. Trotzdem, und da bin ich als Freund des Schriftlichen vielleicht auch in einer einfacheren Situation: Ich wünsche mir mehr fordern und auch einfordern. Radfahrende sind gleichberechtigte Teilnehmende des Straßenverkehrs. Und natürlich sind im konkreten Fall die Fußgänger:innen zu schützen. Aber warum muss man die Stadt bitten und betteln vernünftige Infrastruktur – und sei es eben nur der Hinweis „Bitte absteigen“ – herzustellen? Da wünsche ich mir wirklich mehr Einfluß dieser nicht gerade kleinen Gruppe an Radfahrenden, aber eben auch für den ganzen nicht motorisierten Verkehr. Insofern, ich wiederhole mich, das Statement von Herrn Letz war gut, aber wir werden diesen Worten noch nicht annähernd gerecht.

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