Auf Empfehlung von Bekannten wollten wir das schöne Frühlingswetter am Samstag nutzen und in Wallhausen einen Hamburger konsumieren. Der Weg dorthin sollte selbstredend per Rad absolviert werden. Da ich die Kleinbahnrunde schon unzählige Male gefahren bin, war mir der Weg nach Wallhausen auch sofort klar und er erschien mir sanfter Einstieg in die Radsaison angebracht. Ich nutzte mein 1-Gang Cityrad und meine Frau ihr Trekkingrad.
Jetzt könnte der Eintrag in eine Rezension von Essen übergehen – doch tatsächlich musste man sich diese anstrengender erarbeiten als gedacht. Die Kleinbahnstrecke hat gerade begonnen, wir sind am Kreisel an der Lohrer Mühle angelangt: Umleitung der Radstrecke. Nun muss ich zugeben, dass ich schon arg mit mir ringen musste. Ich konnte mir nicht vorstellen, welch großes Hindernis die Nutzung des Weges in Richtung Hargesheim unmöglich machen sollte. Doch Verbotszeichen für Radfahrende sowie Verbotszeichen für Fußgänger:innen wirken auf mich. Ich folge der Umleitung.
Nicht nur die Verbote sind gut beschildert – auch die Umleitung ist es. Man kann ihr gut folgen, im Sinne von verstehen wo sie entlangführt. Im Wesentlichen führt sie auf unbefestigten Wirtschaftswegen rund um die B41 herum. Dass unbefestigte Wege nicht so toll sind, hat man beim Umleitung einrichten scheinbar auch direkt erkannt und daher Schotter aufgefüllt. Allerdings erscheint er mir recht grob und spitz. Mein Cityrad hatte daran keinerlei Freude. An manchen Stellen war soviel von diesem Schotter aufgebracht, dass ich darin einsank. Radfahren fühlte sich da an wie Heimtrainer stärkste Stufe. Teilweise ging es auch derartig bergauf, dass ich ohne Gangschaltung nicht mehr von der Stelle kam und schieben musste. Die Umleitung endet dann direkt an der Gräfenbachbrücke in Hargesheim. Von dort an verlief die Fahrt dann auch erwartungsgemäß und angenehm.
Gestärkt traten wir den Rückweg an und waren wild entschlossen, dem Grund der Umleitung auf die Spur zu kommen. Auch in Hargesheim ist die Ausschilderung gut, aber wie in Rüdesheim doch recht martialisch anmutend. Hilfreich war mir hier der Hinweis „Gutleuthof frei“, da er doch zumindest zuließ überhaupt hinter dieser Schilderwand noch Radfahren zu können. In meiner Überlegung hätte ich sonst direkt auf die Straße ausweichen müssen. Dies kann aber nur zulässig sein, wenn man davon ausgeht, dass sich die ausgewiesenen Verbote ausschließlich auf den Bürgersteig erstrecken:
Strecken- und Verkehrsverbote für einzelne Fahrstreifen sind in der Regel so über den einzelnen Fahrstreifen anzubringen, dass sie dem betreffenden Fahrstreifen
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung
zweifelsfrei zugeordnet werden können (Verkehrszeichenbrücken oder Auslegermaste).
Es bleibt Rechtsunsicherheit. Mindestens von Seiten des Rüdesheimer Kreisel aus wäre es definitiv nicht erlaubt den Radweg zu verwenden. Aufgrund der Position des Schildes dürfte aber nichts gegen das Nutzen der Straße sprechen (es sei denn dort wäre ebenfalls das Zeichen aufgestellt worden).
Nun näherten wir uns also der Baustelle, die ursächlich für die Umleitung ist. Und waren sehr erstaunt. Denn zumindest an einem Samstag war das Gefährdungspotenzial der Baustelle nicht auszumachen. Vielmehr erscheint die Kreuzung durch den Wegfall der Linksabbiegerspur nach Hargesheim aus Richtung Roxheim kommend sogar eher entschärft. Nach dem Gutleuthof konnte jedenfalls die Fahrbahn zum Linksabbiegen Richtung Bad Kreuznach genutzt werden und dann erreichte man auch direkt wieder den Radweg am Fahrbahnrand.
Als mir ein Radfahrer entgegenkam befragt ich ihn zur Situation. Er gab an, dass es seit 2 Wochen in dieser Form hier aussähe. Die Umleitung und Schilder hatte er bisher erfolgreich ignoriert, denn er sagte auf meine Frage, warum er hier entlang fahre, dass dies der offizielle Radweg sei. Womit er auch Recht hat.
Baustellen sind notwendig. Umleitungen ggf. auch. Es ist absolut begrüßenswert, dass in diesem Fall der Radverkehr direkt mitgedacht wurde. Die Ausführung lässt aber zumindest bei der Wegbeschaffenheit zu Wünschen übrig. Hier wären klarere Hinweise sicher angebracht: „Umleitung Radstrecke. Länge 2,7km. Loser Untergrund“. Mindestens aus Richtung Hargesheim kommend ist aus meiner Beobachtung heraus das Nutzen der Fahrbahn zum Abbiegen auch bei weiterem Baustellenfortschrift weiter möglich – dies könnte ebenfalls in den HInweis aufgenommen werden: „Fahrtrichtung Bad Kreuznach alternativ ab Gutleuthof Fahrbahn benutzen.“ Auf Wanderwegen sind Hinweise mit detaillierten Informationen schon häufiger zu finden. Da dass Nutzen der Fahrbahn – insbesondere im morgendlichen Verkehr – sicherlich nicht jedermanns Sache ist ist die Umleitung sinnvoll.
Bei outdooractive.de findet sich dazu auch noch folgender Text:
Verkehrsrechtliche Anordnung der Kreisverwaltung Bad Kreuznach
Aufgrund einer Baumaßnahme an der L236 am neuen Gewerbegebiet der Ortsgemeinde Rüdesheim wird der Teil des Ellerbachradweges zwischen Hargesheim und Rüdesheim bis vorraussichtlich 16.06.2023 gesperrt und der Radverkehr umgeleitet. Um Gefahren für die Fahrradfahrer auszuschließen, musste der Radverkehr zwingend umgeleitet werden. Wir bitten Sie, der vorhandenen Umleitungsbeschilderung zu folgen.
outdooractive.de
Bei dieser Dauer der Maßnahme ist das Verdichten des Bodenbelags der Umleitungsstrecke anzudenken, um die Nutzung auch denen zu ermöglichen, die erwartet hatten eine Kleinbahnrunde auf asphaltierten Wegen zu absolvieren.
Fazit
Es ist gut, dass Umleitungen von Radverkehr inzwischen häufiger mitgedacht werden. Da Radfahrende im Regelfall mit Muskelkraft unterwegs sind, brauchen Sie Informationen was Umleitungsstrecken für sie bedeuten. Die Beschaffenheit von Wegen muss Mindeststandards erfüllen. Die übermäßige Nutzung des Zeichens 254 (Verbot von Radverkehr) sollte zu Gunsten von mehr Information überdacht werden, auch um versierte Radfahrende nicht in rechtliche Grauzonen zu zwingen, wenn sie angedachte Umleitungen nicht nutzen möchten.
Heute mal diese Umleitungsstrecke getestet da ich bisher den Weg über die Straße genommen hatte (bei Dunkelheit ist das Umleitungsschild kaum zu erkennen). Und ich muß zustimmen, der Weg bestenfalls Gravel- oder Mountainbike tauglich.
Da ich den Weg schon oft gelaufen war wäre es fast besser gewesen auf den unverdichteten Schotter zu verzichten und die festgefahrene Erde des Wirtschaftsweges zu nutzen.