Dieser Blog dient auch mir als stetiger Quell von neuen Erkenntnissen und Informationen. So hätte ich bis vor ein paar Stunden den Begriff Schlafampel nicht gekannt. Denn eigentlich wollte ich über Bedarfsampeln schreiben. Aber siehe da, es gibt einen nachvollziehbaren Unterschied – und der war auch der eigentliche Grund für diesen Beitrag.
Auf meinem täglichen Weg zur Arbeit – ich radele doch tatsächlich unglaubliche 1,4km durch Bad Kreuznach – komme ich je nach gewählter Route nach (schiebender) Überquerung des Löwenstegs an eine Ampel zur Überquerung der Bosenheimer Straße. Hat man diese Ampel überwunden, beginnt der für Kreuznacher Verhältnisse nahezu opulent anmutende Radweg entlang der Mannheimer Straße in den Kreuznacher Süden hinein.
Aber zurück zur Ampel. Vormals zeigte diese Ampel im Standard für Autos Grün und alle anderen dauerhaft Rot. Bis man per Knopfdruck seinen „Bedarf“ an Überquerung anmeldete und nach einiger Zeit dann für Fuß- und Radfahrende das Grünsignal folgte. Nun, also das ist die klassische Funktionsweise einer Bedarfsampel. Wie es sie zu Tausenden in Deutschland und anderswo und sicher zu ein paar Dutzend in Bad Kreuznach gibt.
Die konkrete Ampel hier zeigt nun aber schon seit einiger Zeit dieses Verhalten nicht mehr, denn es erscheint im Normalzustand gar kein Signal mehr. Niemand bekommt Rot signalisiert und niemand Grün. Damit ist diese Ampel außer Betrieb, sie schläft. Es handelt sich also inzwischen nicht mehr um eine Bedarfsampel, sondern um eine sogenannte Schlafampel. Was darf ich denn nun von solch einer Ampel erwarten bzw. was gilt es dort zu beachten?
Solange die Ampel schläft entfaltet sie keinerlei Wirkung. Das bedeutet die Autos dürfen die Straße entlang fahren und der nicht motorisierte Verkehr kann die Straße nach eigenem Ermessen, wenn er dies gefahrlos tun kann, überqueren. Es gibt keine Pflicht die schlafende Ampel durch den Druck des Tasters aufzuwecken, aber es gibt auch keinerlei Vorrang gegenüber dem Autoverkehr. Ist das Verkehrsaufkommen zu hoch und damit keine passende Lücke zur Überquerung gegeben oder möchte man die (vermeintliche) Sicherheit einer Ampelschaltung nutzen, so drückt man den Taster und die Ampel erwacht und zeigt das Verhalten einer normalen Bedarfsampel.
Klingt alles recht einfach und vernünftig. Wo ist der Haken? Nicht alle Teilnehmenden am Straßenverkehr kennen das Konzept. Und die Ampel hat auch eine interessante Funktion zu bieten: Nach dem Druck auf den Taster erscheint nicht direkt Rotlicht für Fußgänger:innen und Radfahrende. Bevor die Ampel grün für die Überquerungswilligen zeigen kann, muss sie diesen Rot zeigen. Da die Zeitspanne bis dahin, aber doch recht lang ausfallen kann, tut sie das erst kurz bevor sie tatsächlich den Überweg freigeben wird. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass man auch nach Betätigung des Tasters noch solange eigenständig die Straßenseite wechseln kann, bis tatsächlich das Rotlicht aufleuchtet.
Das wiederum ist zwar logisch und löblich im Sinne des zügigen Vorankommens, aber nicht unbedingt selbsterklärend. Der eigene Blick ist auf die Ampelanzeige der anderen Straßenseite gerichtet. Man könnte auch zunächst einen Defekt des Rotlichts vermuten. Dem ist aber nicht so. Doch gerade die Kombination aus dem untypischen Lichtzeichen und der Wartezeit kann verwirrend sein. Und erreicht man die Ampel während dort bereits andere Verkehrsteilnehmer:innen warten und fährt/geht dann hinüber, kann man durchaus einen Kommentar ernten.
Eine solche Schlafampel findet sich auch am Kreisverkehrsplatz Ringstraße/Alzeyer Straße. Hier ist aus meiner Sicht der Bedarf der Betätigung aufgrund des viel höheren Verkehrsaufkommens auch sehr viel häufiger gegeben. Diese Ampel zeigt auch bereits direkt nach Betätigen des Tasters Rotlicht. Dennoch ist auch hier eine Überquerung ohne Nutzung der Ampel erlaubt und durchaus sinnvoll, um den Verkehr nicht unnötig lange zum Erliegen zu bringen, da Rot für den motorisierten Verkehr hier oftmals gleichbedeutend mit Verkehrskollaps im Kreisverkehr ist. Aber das soll das Problem der Autofahrenden bleiben. Was mir an dieser Stelle auffällt ist, dass einem von in den Kreisverkehr Einfahrenden häufig das Überqueren ohne Nutzung der Ampel ermöglicht wird, während die den Kreisverkehr Verlassenden sich dann nicht zum kurzen Warten entschließen können oder noch schlimmer Hupen oder Beschimpfungen ausstoßen, wenn man bereits beim Überqueren der Fahrbahn ist.
Ausdrücklich keine Schlafampel befindet sich am „Turbokreisel“ Mainzer Straße/B428. Hier wird dauerhaft Rot signalisiert, es handelt sich also um eine Bedarfsampel. Hier sind Fußgänger:innen und Radfahrende immer zunächst in der Wartepflicht. Hier habe ich auch bereits erleben müssen, dass Fahrzeuglücken ausgenutzt wurden, um (eben auch nur vermeintlich) schneller voran zu kommen. Da dies im normalen Verkehr kaum bei allen vier (!) dort zu überquerenden Fahrspuren gelingen wird, ist man am Ende doch wieder auf den Druck auf den Taster und das Warten auf Grün angewiesen. Zeitgewinn null, Gefährdung hoch.
Gefährdend ist an dieser Ampel aber auch die Steuerung. Während Fahrtrichtung Planig ein durchgehendes Grün das direkte Überqueren aller Fahrspuren ermöglicht, ist dies in der umgekehrten Richtung nicht möglich, da man auf der letzten Insel verweilen muss bis auch hier Grün signalisiert wird. Der LBM begründete dies mit dem Erhalt des Verkehrsfluss im Kreisverkehr. Leider konnte ich diesen Gedanken bis dato nicht verstehen, denn so oder so, müssen auch diese Fahrspuren irgendwann halten. Aber sei’s drum: Die Fuß-/Radbrücke an dieser Stelle steht in den Startlöchern.
Fazit und tl;dr
Kurz zusammengefasst:
- Ampelanlagen im eingeschalteten Zustand sind verbindlich: Rotlicht ist immer zu beachten.
- Schlafampeln kann man im Bedarfsfall aufwecken, muss es aber nicht. Solange sie kein Rotlicht zeigen entfalten sie keinerlei Wirkung.
- Ohne Lichtzeichen gibt es auch keinerlei Vorrang gegenüber dem Verkehr auf der zu überquerenden Straße.
Im Sinne eines möglichst gleichberechtigten und flotten Vorankommens aller Verkehrsteilnehmenden sind Bedarfsampeln eine gute Sache. Die Schaltung an der beschrieben Stelle der Bosenheimer Straße ist sehr gut für versierte und sichere Verkehrsteilnehmer, von denen Bad Kreuznach mehr hat, als man manchmal glauben mag. Auch alle Anderen haben in der Schlafampel eine gute Querungshilfe. Aufklärung tut an der Stelle trotzdem Not: in anderen Städten gibt es Hinweisschilder, die das Verhalten der Ampel und das erforderliche bzw. mögliche eigene Verhalten erklären. Das wäre sicherlich nicht verkehrt.
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