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Kategorie: Korrekt?

Fahrradfrust am Löwensteg

Der Löwensteg ist wichtiger Bestandteil der Nord-Süd-Verbindung für den Rad- und Fußverkehr. Ein Provisorium, das zu einem unverzichtbaren Infrastrukturbestandteil wurde. Alles rund um den Löwensteg interessierte mich schon immer, da ich dort regelmäßig entlangkomme. Ich wollte daher schon länger über diesen Weg schreiben. Insofern verfolgte ich mit Interesse die aktuelle Debatte rund um die von Herrn Schlosser begleitete Kontrolle des Ordnungsamtes dort.

Schon die Pressemitteilung der Stadt erzeugte mit ihrer Knappheit – es gibt nicht einen einzigen Hinweis auf das erlaubte und erwünschte Verhalten der Verkehrsteilnehmenden – und den pauschalen Ortsangaben (Löwensteg, historische Neustadt) einigen Verdruss bei mir. Endgültig fuchsig machte mich dann der Leserbrief des Herrn Gereon Rogoß, der in der Allgemeinen Zeitung beschrieb, dass selbst schiebendes Passieren des Löwensteges bei zu frühem Aufsteigen nicht mit einer Ermahnung oder Erklärung, sondern direkt mit 55 Euro Ordnungsgeld geahndet wurde. Womit wir direkt bei einer Thematik wären, die uns doch sehr bekannt vorkommt. Vergangenes Jahr hatte ich mich hinsichtlich der Verwarnungspraxis schon einmal mit Herrn Schlosser auseinandergesetzt: https://rad-kreuznach.de/jahresende-und-ein-nachtrag/

Ich musste also in die Tasten greifen und schrieb zunächst an Frau Gemperlein, die die Meldung verfasst hatte. Diese hat mir inzwischen mitgeteilt, dass die Meldung in dieser Form von Herrn Schlosser so gewünscht war und hat meine Anfrage weitergeleitet:

Ihre Pressemitteilung vom 13.09.2023: “Kontrolltag des Vollzugs: Fahrradfahrer und E-Scooter-Fahrer kontrolliert”

Sehr geehrte Frau Gemperlein,

die Pressemitteilung zu den Kontrollen des Vollzugsdienstes hinsichtlich des Verhaltens von Radfahrenden sowie Scooternutzer:innen wirft bei mir einige Fragen auf, die die Mitteilung leider nicht beantwortet. Nun kommt ein aktueller Leserbrief in der Allgemeinen Zeitung vom heutigen Tage hinzu, in der Herr Gereon Rogoß schildert, wie bspw. am Löwensteg kontrolliert wurde.

Ich möchte vorwegschicken, dass es mir ein Anliegen ist den Schutz und das korrekte Verhalten aller Verkehrsteilnehmer zu fördern. Während ich die konkrete Kontrolle nicht beurteilen kann, ist doch aber die dazugehörige Pressemitteilung leider gänzlich ungeeignet Klarheit bei den Verkehrsteilnehmenden zu schaffen. Ich würde Sie daher ersuchen, folgende Sachverhalte aufklären zu können:

Kontrollschwerpunkt Löwensteg

Die Situation hier ist einigermaßen komplex. Es wäre sinnvoll herauszustellen, welches Verhalten von Radfahrenden hier gewünscht ist.

  • Aus Fahrtrichtung oberer Mannheimer Straße kommend, erreicht man eine Ampel, die mit einem kombinierten Signal für Fuß- und Radverkehr ausgestattet ist. Das suggeriert, dass es sich hier um eine Fortsetzung des Radweges handelt. Rechtlich würde ich vermuten, dass die Erlaubnis hier Rad zu fahren am gegenüberliegenden Bordstein endet, da dort ein Gehweg beginnt, der keiner Kennzeichnung bedarf. Daher wurden wohl auch die Verkehrszeichen 239, die ursprünglich am Beginn des Löwenstegs hingen, entfernt. Damit bleibt die Situation aber unübersichtlich, da das abrupte Ende des Radweges an keiner Stelle explizit gekennzeichnet ist und diese Querung der Bahngleise nach wie vor die wichtigste Nord-Süd-Achse des Fuß- und Radverkehrs darstellt.
  • Auf der nördlichen Seite des Löwenstegs ist die Situation nicht minder vertrackt: Ist die Rampe befahrbar? Rechtlich wohl nein, da nicht als solche ausgewiesen und als Verlängerung des Gehweges der Bahnstraße zu erachten. Auch hier – keine Klarstellung dieser Situation, wohl aber die Hinweisschilder zum Verlauf des Radtrasse (ohne rechtliche Bindung).
  • Für Radfahrende, die aus Süden kommen und dieser Beschilderung nun folgen – und nehmen wir an, all diese Besonderheiten erkannt haben und sich korrekt verhalten haben – lauert nun auf den ersten Metern der Bahnstraße die nächste Hürde: Die Bahnstraße ist inzwischen auf ihrer kompletten Länge für den Radverkehr auch gegen die eigentliche Einbahnstraßenrichtung freigegeben. Nur leider weist das erste Zeichen 220 nicht den Hinweis auf, dass gegenläufiger Radverkehr freigegeben ist. Darf dann am Ende der Rampe überhaupt aufs Rad gestiegen werden, wenn man der Mannheimer Straße weiter folgen möchte?

Kontrollschwerpunkt Fußgängerzone mit der historischen Neustadt

Ist nicht die gesamte Fußgängerzone der historischen Neustadt für den Radverkehr freigegeben? Hier haben wir den weiteren Verlauf der Nord-Süd-Achse.

  • Was wurde hier konkret kontrolliert?
  • Welches Verhalten von Radfahrenden oder anderen Verkehrsteilnehmenden wurde sanktioniert?

Ich hatte sowohl den Beigeordneten Schlosser als zuständigen Ordnungsdezernenten sowie auch Herrn Oberbürgermeister Letz bereits darauf hingewiesen, dass unklare Regelungen dazu führen, dass Fehlverhalten vorkommt. Diesem nun mit dem Hammer Ordnungswidrigkeit allein zu begegnen, fördert leider die Radfahrkultur in keiner Weise. Die Pressemitteilung ist eher dazu geeignet die gegenseitigen Ressentiments aller Verkehrsteilnehmender zu befördern. Ich würde mir daher dringend neben einer Beantwortung meiner Fragen eine Kommunikationsstrategie mit positiven Darstellungen von erlaubtem und erwünschen Verhalten erhoffen, damit wir auch in Bad Kreuznach die Verkehrswende unterstützen können.

Zu guter Letzt: Auf dem Teilstück der Bosenheimer Straße zwischen „Fleischhauer-Kreisel“ und Ochsenbrücke lässt sich nach wie vor da beste Lehrstück hinsichtlich der Radverkehrsplanung in Bad Kreuznach finden: Nach dem Kreisel werden Radfahrer via Piktogramm zum Befahren des Gehweges aufgefordert, der auch reichlich rote Farbe aufweist. Aber – wie wir aus vergangenen Vorkommnissen wissen – rote Farbe macht keinen Radweg. Die Benutzung des Gehweges ist nicht durch Beschilderung freigegeben. Die Benutzung kostet also mindestens 55 Euro.

Kontrollen sind gut und wichtig. Bitte begleiten Sie diese durch gute Berichterstattung, die alle Beteiligten helfen kann, sich besser zu verhalten. Und bitte setzen Sie an Stellen an denen Unklarheiten herrschen können auf kostenfreie Belehrungen und vor allem darauf diese Unklarheiten baldmöglichst in gut verständliche Verkehrssituationen zu übersetzen.

E-Mail an Frau Gemperlein vom 25.09.2023

Ich wollte nun in aller Ruhe auf eine Antwort zu den aufgeworfenen Fragen warten. Doch heute wurde just dieses Thema im Kreuznacher Schwätzchen mit der sehr zutreffenden Überschrift „Die 55-Euro-Radfahrerfalle“ thematisiert. Denn in der Einwohnerfragestunde hatte sich unter anderem Frau Sabine Friedrich als Betroffene der „Falle“ eine eindeutigere Beschilderung gewünscht. Und der geschätzte Herr Schlosser erklärt, dass man dort kein Schild „Radfahrer absteigen“ habe, da man sonst jeden Gehweg entsprechend beschuldern müsse. Und die absurde Situation um den Löwensteg hat er aber auch erkannt:

„Das Schild Fahrradweg heißt nicht, dass man mit dem Fahrrad drüber fahren darf, sondern nur, dass da der Radweg entlangläuft.“

Markus Schlosser, zitiert in der RZ vom 30.09.2023

Selbstverständlich kann man erwarten, dass sich jede:r Radfahrende zunächst eingehend mit der Verkehrssituation beschäftigt. Oder könnte es sein, dass man versucht die Situation zu erfassen und sich bestmöglich zu verhalten? Wie in meinem Schreiben an Frau Gemperlein dargelegt mangelt es nicht an unklaren Situationen, in denen genau das gefragt ist: Was war hier die Regelungsabsicht und wie verhalte ich mich korrekt? Wenigstens sah der Oberbürgermeister Regelunsgebedarf, um eine eindeutige Situation herzustellen. Da dürfte er meiner Einschätzung nach auch richtig liegen. Denn insbesondere Radfahrende, die vom Radweg in der oberen Mannheimer Straße kamen sollten gute Chancen haben eine Verwarnung anzufechten. Die Signalanlage ist für Fußgänger:innen und Radfahrende gleichermaßen gültig. Das, in Verbindung mit der nicht vorhandenen Beschilderung, suggeriert doch auch optisch, dass nicht nur der Radweg hier verläuft, sondern es auch verkehrsrechtlich ein solcher ist.

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Die Rad-AG und der neue Oberbürgermeister

Wie schnell doch die Zeit vergeht. Mein letzter Beitrag in diesem Blog ist beinahe 2 Monate her. Eine Ewigkeit möchte man meinen. Doch die Bad Kreuznacher Rad-AG musste auf das Treffen am vergangenen Montag ganze 2 Jahre warten.

Doch diese 2 Jahre waren mitnichten Jahre des Stillstandes. Eine Menge rote Farbe für Radwege und doch so einige Verbesserungen konnten die Verantwortlichen präsentieren. Zu diesen Verantwortlichen gehörte diesmal auch Emanuel Letz als neuer Oberbürgermeister. Sein Auftritt war sicherlich nicht nur von mir mit Spannung erwartet worden, durchzogen doch Radwege und die Diskussion darüber (vornehmlich von Nichtradfahrern geführt, möchte man polemisch anmerken) den Wahlkampf wie ein roter Faden – oder noch eher rotes Tuch für die Wahlkämpfenden. Emanuel Letz durfte nun also seine Premiere vor Radfahrenden geben.

Ich werde jetzt nicht alles ausradieren.

Emanuel Letz während der Rad-AG

Nun, der Oberbürgermeister begann und berichtete, dass er auch Bestandteil der Rad-AG bei deren Gründung gewesen sei. Er erinnerte hierbei ausgerechnet daran, dass in der ersten Sitzung die Diskussion um die Radverbindung im Mühlweg und den verkehrsberuhigten Bereich an der dortigen Kindertagesstätte in die Forderung gemündet hatte, dass man dies aufheben müsse, um den Radfahrenden ein flottes Vorankommen zu ermöglichen. Für mich ein sehr interessanter Einstieg. Im Plenum waren damals über 50 Menschen, an Herrn Letz erinnere ich mich nicht, was aber auch nicht weiter verwundern dürfte. Der Vorschlag wurde natürlich direkt innerhalb dieses Plenums als nicht vertretbar zurückgewiesen – aber Herr Letz hatte seinen Punkt 2 Jahre später gesetzt: Vorschläge gerne, aber bitte vernünftig sollen sie sein. Nun was ist vernünftig? Alle Radspuren wieder rückgängig zu machen, kommt nicht in Frage. Doch seine oben stehende Formulierung lässt natürlich einzelne Maßnahmen durchaus zu. So entpuppte sich im weiteren Verlauf der Diskussion die Radspur in der Viktoriastraße (die mittig ausgeführte vor der Kreuzung zur Wilhelmstraße) als durchaus zwiespältig beurteilt. Oberbürgermeister Letz freute sich jedenfalls sichtlich über jede Kritik daran, so mein persönlicher Eindruck.

Aber die Radspur ist interessant, um die Arbeit der Rad-AG etwas näher zu beleuchten. Denn auch dieses Gremium ist vielfältig besetzt. Herrman Holste, Vorsitzender der Rad-AG, hatte in seinem Eingangsstatement auf Kopenhagen, als fahrradfreundlichste und -affinste Stadt Europas hingewiesen. Nun wurde hinsichtlich dieser Linksabbiegerspur angemerkt, dass es solche dort nicht gäbe, sondern Linksabbiegen immer durch ein vorheriges Rechtsabbiegen erfolgt. Ähnlich ist dies am Bahnhof geregelt, wo man von der Wilhelmstraße zwecks Zufahrt zum Europaplatz und damit zum Mobil- und Infopunkt, zunächst rechts auf den Bürgersteig geführt wird und dann gemeinsam mit den Fußgängern die Wilhelmstraße quert. Nun hatte in seiner Vorstellung dieser Verkehrsregelung Thomas Fischer von der Stadtverwaltung gesagt, dass man lieber die Busspur zum direkten Linksabbiegen gehabt hätte. Eine Teilnehmerin empfand diese Form des Abbiegens als „zu gefährlich“.

Schematische Darstellung der Viktoriastraße mit 2 Fahrzeugspuren und dazwischenliegender Radfurt sowie Radweg am rechten Fahrbahnrand
Logik der Radfurten zur Erreichung der Aufstellflächen

Ich selbst verstehe die Ansichten. Die Abbiegelösung am Bahnhof finde ich beispielsweise sehr gelungen, also das Prinzip Rechtsabbiegen zum Linksabbiegen – aber, eben genau an dieser Stelle, da eine Querung der zwei Gegenfahrspuren ohne eigene Ampelregelung auch mir zu gewagt erschiene. Mit eigener Ampelregelung, also Abbiegen, wenn der Verkehr steht, gibt es aber wiederrum keinen Zeitvorteil gegenüber der jetzt etablierten Lösung.
Zurück zur Viktoriastraße: Ich wurde auf die mittig angelegte Spur auch mehrfach bereits angesprochen. Immer lautet das Argument „gemeingefährlich“. Dies kann ich nicht nachvollziehen, da für mich dieser Streifen lediglich eine Trasse für Radfahrende freihalten soll. Die Markierung verweist die Autos in ihre Spuren. Zwischen stehenden Autos entsteht so eine Lücke, die es erlaubt die Aufstellflächen vorne an der Kreuzung zu erreichen. Diese Form ist auch am Bourger Platz und am Europaplatz (vor der Kreuzkirche) zu finden. Solange der Verkehr fließt, muss ich als Radfahrender ohnehin mit dem Verkehr fahren bzw. die Autos eben auch mit mir, wenn ich vor Ihnen bin. Daran ändert die Spur zunächst nichts.
Um die Linksabbiegespur zu erreichen braucht es einen Spurwechsel. Und ja, das ist als Radfahrender keine triviale Sache, möchte ich zugeben. Nur, den braucht es an noch so vielen Stellen im Stadtverkehr. Man muss ihn daher wohl oder übel beherrschen, wenn man durch die Stadt per Rad fahren möchte. Es erinnert mich auch an Mittelspurfahrende auf der Autobahn, die auch mit dem PKW jeden Spurwechsel vermeiden wollen. Doch auch für sie gilt: Ohne Spurwechsel kommen sie nicht ans Ziel. Interessanterweise wurde die Aufstellfläche an der Wilhelmstraße ebenfalls kritisiert – diese allerdings, da man sie nicht erreichen kann – ergo dort fehlt, wohl aus Platzgründen – die entsprechende Trasse.
Ein Tipp aus dem Plenum soll auch nicht unerwähnt bleiben: Man kann in der Viktoriastraße auch gerade aus zum Bourger Platz weiterfahren und dann die Blockumfahrt nutzen, um wieder auf die Wilhelmstraße zu gelangen. Damit spart man das Linksabbiegen – mit den Autos muss man sich aber die Blockumfahrt teilen, bis man wieder an der Aufstellfläche ankommt, die man auch hier durch die genannten Fahrtrassen erreichen kann.

Radspuren am Bourger Platz: Eine Spur zwischen Autospuren, eine am rechten Rand
Radspuren am Bourger Platz

Ich wie auch andere Teilnehmer forderten Herrn Letz auf im Sinne eines Erklärens von Maßnahmen und weiterem Ausbau des Radwegenetzes aktiv zu sein. Mir war noch wichtig auf den ordnungswidrigen Radfahrer aus meinem letzten Post einzugehen. In einer Stadt, deren Radwege immer noch einen Flickenteppich, mit teils unsinnigen Geboten (Benutzungspflicht an unmöglichen Stellen, keine Freigabe an geeigneten Stellen, fehlende Beschilderungen…) darstellen, erscheint es sehr unglücklich, dass ein Radfahrender ohne jeglichen Ermessensspielraum direkt mit Ordnungsgeld belegt wird, während er keinerlei Gefährdungspotenzial entwickelt.

Leider konnte oder wollte Herr Letz auf meinen Redebeitrag nicht reagieren. Da er im Plenum durchaus Anklang fand, möchte ich aber Herrn Schlosser diesbezüglich nochmal kontaktieren. Schließlich bleibt er nun allem Anschein nach der zuständige Dezernent für das Ordnungsamt.

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Schlafende Ampeln – darf ich die in Ruhe lassen?

Dieser Blog dient auch mir als stetiger Quell von neuen Erkenntnissen und Informationen. So hätte ich bis vor ein paar Stunden den Begriff Schlafampel nicht gekannt. Denn eigentlich wollte ich über Bedarfsampeln schreiben. Aber siehe da, es gibt einen nachvollziehbaren Unterschied – und der war auch der eigentliche Grund für diesen Beitrag.

Auf meinem täglichen Weg zur Arbeit – ich radele doch tatsächlich unglaubliche 1,4km durch Bad Kreuznach – komme ich je nach gewählter Route nach (schiebender) Überquerung des Löwenstegs an eine Ampel zur Überquerung der Bosenheimer Straße. Hat man diese Ampel überwunden, beginnt der für Kreuznacher Verhältnisse nahezu opulent anmutende Radweg entlang der Mannheimer Straße in den Kreuznacher Süden hinein.

Aber zurück zur Ampel. Vormals zeigte diese Ampel im Standard für Autos Grün und alle anderen dauerhaft Rot. Bis man per Knopfdruck seinen „Bedarf“ an Überquerung anmeldete und nach einiger Zeit dann für Fuß- und Radfahrende das Grünsignal folgte. Nun, also das ist die klassische Funktionsweise einer Bedarfsampel. Wie es sie zu Tausenden in Deutschland und anderswo und sicher zu ein paar Dutzend in Bad Kreuznach gibt.

Die konkrete Ampel hier zeigt nun aber schon seit einiger Zeit dieses Verhalten nicht mehr, denn es erscheint im Normalzustand gar kein Signal mehr. Niemand bekommt Rot signalisiert und niemand Grün. Damit ist diese Ampel außer Betrieb, sie schläft. Es handelt sich also inzwischen nicht mehr um eine Bedarfsampel, sondern um eine sogenannte Schlafampel. Was darf ich denn nun von solch einer Ampel erwarten bzw. was gilt es dort zu beachten?

Solange die Ampel schläft entfaltet sie keinerlei Wirkung. Das bedeutet die Autos dürfen die Straße entlang fahren und der nicht motorisierte Verkehr kann die Straße nach eigenem Ermessen, wenn er dies gefahrlos tun kann, überqueren. Es gibt keine Pflicht die schlafende Ampel durch den Druck des Tasters aufzuwecken, aber es gibt auch keinerlei Vorrang gegenüber dem Autoverkehr. Ist das Verkehrsaufkommen zu hoch und damit keine passende Lücke zur Überquerung gegeben oder möchte man die (vermeintliche) Sicherheit einer Ampelschaltung nutzen, so drückt man den Taster und die Ampel erwacht und zeigt das Verhalten einer normalen Bedarfsampel.

Klingt alles recht einfach und vernünftig. Wo ist der Haken? Nicht alle Teilnehmenden am Straßenverkehr kennen das Konzept. Und die Ampel hat auch eine interessante Funktion zu bieten: Nach dem Druck auf den Taster erscheint nicht direkt Rotlicht für Fußgänger:innen und Radfahrende. Bevor die Ampel grün für die Überquerungswilligen zeigen kann, muss sie diesen Rot zeigen. Da die Zeitspanne bis dahin, aber doch recht lang ausfallen kann, tut sie das erst kurz bevor sie tatsächlich den Überweg freigeben wird. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass man auch nach Betätigung des Tasters noch solange eigenständig die Straßenseite wechseln kann, bis tatsächlich das Rotlicht aufleuchtet.

Die Ampel wurde geweckt. Selbst an einem Sonntagabend ist die Phase zwischen Anforderung und finalem Grünsignal lang.

Das wiederum ist zwar logisch und löblich im Sinne des zügigen Vorankommens, aber nicht unbedingt selbsterklärend. Der eigene Blick ist auf die Ampelanzeige der anderen Straßenseite gerichtet. Man könnte auch zunächst einen Defekt des Rotlichts vermuten. Dem ist aber nicht so. Doch gerade die Kombination aus dem untypischen Lichtzeichen und der Wartezeit kann verwirrend sein. Und erreicht man die Ampel während dort bereits andere Verkehrsteilnehmer:innen warten und fährt/geht dann hinüber, kann man durchaus einen Kommentar ernten.

Eine solche Schlafampel findet sich auch am Kreisverkehrsplatz Ringstraße/Alzeyer Straße. Hier ist aus meiner Sicht der Bedarf der Betätigung aufgrund des viel höheren Verkehrsaufkommens auch sehr viel häufiger gegeben. Diese Ampel zeigt auch bereits direkt nach Betätigen des Tasters Rotlicht. Dennoch ist auch hier eine Überquerung ohne Nutzung der Ampel erlaubt und durchaus sinnvoll, um den Verkehr nicht unnötig lange zum Erliegen zu bringen, da Rot für den motorisierten Verkehr hier oftmals gleichbedeutend mit Verkehrskollaps im Kreisverkehr ist. Aber das soll das Problem der Autofahrenden bleiben. Was mir an dieser Stelle auffällt ist, dass einem von in den Kreisverkehr Einfahrenden häufig das Überqueren ohne Nutzung der Ampel ermöglicht wird, während die den Kreisverkehr Verlassenden sich dann nicht zum kurzen Warten entschließen können oder noch schlimmer Hupen oder Beschimpfungen ausstoßen, wenn man bereits beim Überqueren der Fahrbahn ist.

Bedarfs- und Schlafampel gegenübergestellt

Ausdrücklich keine Schlafampel befindet sich am „Turbokreisel“ Mainzer Straße/B428. Hier wird dauerhaft Rot signalisiert, es handelt sich also um eine Bedarfsampel. Hier sind Fußgänger:innen und Radfahrende immer zunächst in der Wartepflicht. Hier habe ich auch bereits erleben müssen, dass Fahrzeuglücken ausgenutzt wurden, um (eben auch nur vermeintlich) schneller voran zu kommen. Da dies im normalen Verkehr kaum bei allen vier (!) dort zu überquerenden Fahrspuren gelingen wird, ist man am Ende doch wieder auf den Druck auf den Taster und das Warten auf Grün angewiesen. Zeitgewinn null, Gefährdung hoch.
Gefährdend ist an dieser Ampel aber auch die Steuerung. Während Fahrtrichtung Planig ein durchgehendes Grün das direkte Überqueren aller Fahrspuren ermöglicht, ist dies in der umgekehrten Richtung nicht möglich, da man auf der letzten Insel verweilen muss bis auch hier Grün signalisiert wird. Der LBM begründete dies mit dem Erhalt des Verkehrsfluss im Kreisverkehr. Leider konnte ich diesen Gedanken bis dato nicht verstehen, denn so oder so, müssen auch diese Fahrspuren irgendwann halten. Aber sei’s drum: Die Fuß-/Radbrücke an dieser Stelle steht in den Startlöchern.

Fazit und tl;dr

Kurz zusammengefasst:

  • Ampelanlagen im eingeschalteten Zustand sind verbindlich: Rotlicht ist immer zu beachten.
  • Schlafampeln kann man im Bedarfsfall aufwecken, muss es aber nicht. Solange sie kein Rotlicht zeigen entfalten sie keinerlei Wirkung.
  • Ohne Lichtzeichen gibt es auch keinerlei Vorrang gegenüber dem Verkehr auf der zu überquerenden Straße.

Im Sinne eines möglichst gleichberechtigten und flotten Vorankommens aller Verkehrsteilnehmenden sind Bedarfsampeln eine gute Sache. Die Schaltung an der beschrieben Stelle der Bosenheimer Straße ist sehr gut für versierte und sichere Verkehrsteilnehmer, von denen Bad Kreuznach mehr hat, als man manchmal glauben mag. Auch alle Anderen haben in der Schlafampel eine gute Querungshilfe. Aufklärung tut an der Stelle trotzdem Not: in anderen Städten gibt es Hinweisschilder, die das Verhalten der Ampel und das erforderliche bzw. mögliche eigene Verhalten erklären. Das wäre sicherlich nicht verkehrt.

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